Freitag, 26. Dezember 2025

Wie viel Energie bleibt unterm Strich übrig? Grundlagen und Relevanz der Nettoenergieperspektive

Ernst Schriefl

Dieser Beitrag ist der erste Teil des Kapitels "Wie viel Energie bleibt unterm Strich übrig - Die Nettoenergieperspektive" aus meinem Buch "Raus aus Kohle, Öl und Gas - aber wie? Die Dilemmata der Energiewende". In diesem Text werden zunächst die Basisbegriffe EROEI (Energy Return on Energy Invested) und EPBT (Energy Payback Time) erläutert, anschließend die Bedeutung der Wahl der Systemgrenzen für die Berechnung des EROEI und die Frage, wie hoch der minimale EROEI für das Aufrechterhalten einer komplexen Gesellschaft sein könnte, diskutiert.  

Das Buch ist im Dezember 2025 im Büchner Verlag erschienen. Hier der Link zur Vorstellung des Buchs auf der Homepage des Büchner Verlags: https://www.buechner-verlag.de/buch/raus-aus-kohle-oel-und-gas-aber-wie

Eine umfassende Antwort

Im März 2017 erschien in der renommierten Fachzeitschrift »Energy Policy« ein Artikel[1], welcher eine entschiedene Antwort auf einen anderen Artikel, der acht Monate zuvor in der gleichen Fachzeitschrift erschienen war, darstellte. Der ursprüngliche Artikel von Ferruccio Ferroni und Robert J. Hopkirk[2], auf den sich die Antwort aus dem März 2017 bezog, kam zu einer gewagten Schlussfolgerung: Der Betrieb von Photovoltaikanlagen in Mitteleuropa sei eine »energetische Senke«, habe also eine negative Energiebilanz.

Wenn man die gesamte Energie, die in die industrielle Fertigung und Errichtung einer Photovoltaikanlage hineingesteckt wird, inklusive des Aufwands für Netzintegration und Speicherung, berechnet und diese Energiemenge dem gesamten Ertrag über die Lebenszeit dieser Photovoltaikanlage gegenüberstellt, dann ergäbe sich ein Minus in der Energiebilanz. Die gesamte in die Photovoltaikanlage (inklusive der notwendigen Zusatzmaßnahmen) hineingesteckte Energie wäre also höher als der gesamte Energieertrag aus der Anlage, zumindest auf die Verhältnisse in Mitteleuropa bezogen. Dieses Ergebnis wirkt auf den ersten Blick sicher überraschend und kontraintuitiv.

Würden die Resultate der Analyse von Ferroni und Hopkirk tatsächlich stimmen, dann wäre die Installation von Photovoltaikanlagen in mittleren Breiten ein »Schildbürgerstreich« in energetischer Hinsicht. Eine Photovoltaikanlage in Mitteleuropa könne dann vielleicht einer Beruhigung des schlechten Gewissens dienen und suggerieren, dass man tolle Fortschritte in Richtung einer nachhaltigeren Energiezukunft mache, aber unterm Strich würde sie letztlich den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen (in einer globalen Sicht) ankurbeln. Die enorme Tragweite dieser Aussage, wäre sie tatsächlich richtig, ist somit nicht zu unterschätzen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass es nicht besonders lange dauerte, bis eine entschiedene Replik auf den Artikel von Ferroni und Hopkirk erschien, eben die bereits oben erwähnte umfassende Antwort (»A comprehensive response«).

In dieser umfassenden Antwort werden Ferroni und Hopkirk schwerwiegende methodische Fehler und Ungereimtheiten vorgeworfen. Sie verwendeten veraltete Informationen und machten ungültige Annahmen zu PV-Spezifikationen und anderen Schlüsselparametern. Auch Berechnungsfehler, einschließlich Doppelzählungen, seien in der Analyse von Ferroni und Hopkirk enthalten. Ein Streitpunkt ist auch die Wahl der adäquaten Systemgrenzen. Während Ferroni und Hopkirk von erweiterten Systemgrenzen ausgingen, wurde dieser Ansatz in der Antwort von Raugei et al. kritisch hinterfragt, wiewohl Raugei et al. dann doch in einer zusätzlichen Rechnung diese erweiterten Systemgrenzen berücksichtigten, auch wenn sie damit trotzdem zu deutlich günstigeren Ergebnissen als Ferroni und Hopkirk kamen (zur Frage der Wahl der Systemgrenzen folgt unten noch mehr).

Ferroni und Hopkirk ließen diese scharfe Kritik an ihren methodischen Ansätzen und Berechnungen übrigens nicht auf sich beruhen. Einige Monate später erschien, ebenfalls wieder in »Energy Policy« unter Heranziehung eines weiteren Ko-Autors, eine ähnlich umfassende Antwort auf die Antwort, in der versucht wurde, die Gegenargumente von Raugei et al. wieder zu entkräften. Ferroni und Hopkirk beharrten auf der Richtigkeit ihres ursprünglichen Ergebnisses[3].

An dieser Stelle soll nicht weiter erörtert werden, welche Seite denn nun recht habe (weiter unten werden allerdings einige Arbeiten zur Energiebilanz von Photovoltaik und Windenergie noch diskutiert). Wie das in wissenschaftlichen Debatten häufig der Fall ist, lässt sich nicht so einfach und so klar entscheiden, wer denn nun wirklich recht hat oder ob die Wahrheit vielleicht irgendwo zwischen verschiedenen (Extrem)-Positionen liegt. Ferroni und Hopkirk haben mit der Frage der Energiebilanz von Photovoltaik allerdings ein durchaus gewichtiges Thema in ihrem Debattenbeitrag aufgegriffen. Ein Thema, das aber eher in akademischen Kreisen diskutiert wird und in den gängigen Beiträgen zur Energiewende oft zu kurz kommt oder gänzlich unter den Tisch gekehrt wird.


EROEI und EPBT – zwei Basisbegriffe

In der Energiebilanzierung, auch als »Nettoenergieanalyse« bezeichnet, gibt es zwei Schlüsselbegriffe: EROEI (»Energy Return on Energy Invested«) und EPBT (»Energy Payback Time«). Für die Berechnung des »Energy Return on Energy Invested« (EROEI oder ERoEI) wird der Energie-Output über die Lebensdauer eines Energieerzeugungssystems (Eout) durch den Energie-Input für Herstellung und Betrieb des Systems (Ein) dividiert[4]. Dieser fallweise auch als EROI (»Energy Return on Investment«) und im Deutschen als »Erntefaktor« bezeichnete Wert[5] drückt somit aus, wie oft eine energetische Investition (»Energy Invested«) in ein Energieerzeugungssystem (Ein) über die Lebensdauer dieses Systems durch den energetischen Output (Eout) oder den Ertrag (»Energy Return«) wieder zurückgespielt wird.[6] Die Energiemenge, die übrig bleibt, wenn man den Energie-Input vom Energie-Output abzieht, wird auch als »Nettoenergie« bezeichnet.

Nehmen wir als Beispiel für die Berechnung des EROEI den Fall einer Windenergieanlage[7]. Der Energie-Input (Ein) umfasst die Energie für den Abbau der verschiedenen Rohstoffe und die Weiterverarbeitung dieser zu Werkstoffen, die für den Bau der Windturbine erforderlich sind; die Energie für die Errichtung der Turbine, den Bau der Zufahrtsstraße und den Anschluss der Anlage an das Stromnetz; die Energie für den Betrieb der Turbine während ihrer Lebensdauer, einschließlich der erforderlichen Ersatzteile, beispielsweise für den Austausch der Turbinenblätter; und schließlich die Energie, die für die Stilllegung und den Abbau der Anlage und die Sanierung des Standorts nach Ablauf der Nutzungsdauer erforderlich ist. Diese letztgenannten Energiekosten für Stilllegung und Abbau mögen für eine Windturbine relativ gering erscheinen, für einen großen Kernreaktor und seine abgebrannten Brennelemente sind sie es jedoch nicht.

Der Energie-Output (Eout) ist jene Strommenge, die diese Windenergieanlage während ihrer gesamten Lebenszeit produziert und ins Netz einspeist. Ist der Energie-Output für diese Anlage beispielsweise zehnmal so groß wie der Energie-Input, dann errechnet sich für den EROEI ein Wert von 10.

Die »Energy Payback Time« (EPBT, »Energetische Amortisationszeit«)[8] drückt aus, wie lange es dauert, bis der Energie-Output eines Energieerzeugungssystems so hoch ist wie der Energie-Input. Oder wenn wir die Begrifflichkeit von Investition und Ertrag anwenden, steht die EPBT für die Zeitdauer, bis die energetische Investition durch den energetischen Ertrag wieder ausgeglichen wird, bis sich also diese Investition aus energetischer Sicht amortisiert.

Bleiben wir als Beispiel für die Bestimmung der Energy Payback Time bei der oben kurz besprochenen Windenergieanlage und nehmen eine Lebensdauer dieser Anlage von 20 Jahren an. Während dieser 20 Jahre produziert die Windenergieanlage energetischen Output, indem sie den generierten Strom ins Netz einspeist. Bei einem EROEI von 10 entspricht der gesamte Energie-Output dem zehnfachen Energie-Input; dividiert durch die Lebensdauer von 20 Jahren wird somit während eines Jahres eine Energiemenge in der Höhe des halben Energie-Inputs produziert. Es dauert somit zwei Jahre, bis der energetische Input durch den Output hereingespielt wird, die EPBT (oder Energetische Amortisationszeit) beträgt also zwei Jahre für diese Anlage. Oder anders ausgedrückt, nach zwei Jahren Laufzeit beginnt die Anlage Nettoenergie zu produzieren und tut dies für die weiteren 18 Jahre bis zum Ende ihrer Lebensdauer.


Die Wahl der Systemgrenzen – ein entscheidender Punkt

Der EROEI und die EPBT stehen im Grunde für einfach zu verstehende Konzepte. In der Praxis ist es dann aber gar nicht so einfach, den EROEI (oder die EPBT) für eine bestimmte Technologie (oder Energiequelle) zu berechnen. Wie bereits eingangs beschrieben wurde, können unterschiedliche Forschergruppen zu stark abweichenden Ergebnissen kommen, was den EROEI betrifft. Während sich der energetische Output einer Anlage relativ einfach messen lässt[9], ist es deutlich schwieriger, den energetischen Input zu bestimmen. Bei dessen Berechnung stellt sich die Frage, was alles genau zum energetischen Input gezählt werden soll und wie hoch diese einzelnen Komponenten quantitativ bewertet werden.

Mit der Frage, was alles zum energetischen Input gezählt werden soll, sind wir beim wichtigen Punkt der Wahl der Systemgrenzen angelangt. Systemgrenzen können enger oder weiter gefasst sein, je nachdem welche Komponenten dem energetischen Input zugerechnet werden beziehungsweise umgekehrt, welche Komponenten ausgeschlossen und somit nicht betrachtet werden.

Carlos de Castro und Iñigo Capellán-Pérez unterscheiden in ihren Publikationen drei verschiedene Kategorien des EROEI[10], die sich in der Weite der jeweils gewählten Systemgrenze unterscheiden: Standard EROEI, Point of Use EROEI (oder Final EROEI), und Extended EROEI. Sie beziehen sich mit dieser Kategorisierung auf Arbeiten von Charles Hall und David Murphy[11], die als Pioniere im Forschungsfeld der Nettoenergieanalyse gelten.

Für die Berechnung des Standard EROEI (EROEISt) wird die engste Systemgrenze verwendet. Diese Systemgrenze liegt dort, wo die Energie (bzw. der Energieträger) die Produktions- oder Förderanlage verlässt. Im Standard EROEI sind somit jene Energie-Inputs enthalten, welche notwendig sind, um an einem bestimmten Standort beispielsweise Erdöl zu fördern oder Strom aus einem Kraftwerk zu gewinnen. Im Fall einer Erdöl-Förderanlage werden Energie-Inputs vor Ort beispielsweise durch den Betrieb von Förderpumpen verursacht, weiters sind die Energie-Inputs für die Herstellung, Errichtung und den Abbau dieser Anlagen enthalten. Bei einem Kraftwerk werden beim Standard EROEI die Energie-Inputs für die Herstellung der Kraftwerksteile, die Errichtung des Kraftwerks, Betrieb und Wartung und schließlich Rückbau des Kraftwerks berücksichtigt. Da beim Standard EROEI noch am klarsten ist, welche energetischen Inputs zu berücksichtigen sind, und es auch am einfachsten ist, diese Energie-Inputs zu quantifizieren, ist er jene Variante des EROEI[12], welche am häufigsten berechnet wird und auch am ehesten eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Berechnungen ermöglicht.

Der Point of Use EROEI (EROEIpou), der auch als Final EROEI (EROEIfin)[13] bezeichnet wird, erweitert die engen Systemgrenzen des Standard EROEI. Bei dieser Variante des EROEI werden jene energetischen Aufwendungen inkludiert, die notwendig sind, damit der Energieträger, sei es jetzt in Form eines Treib- oder Brennstoffs oder als Strom, beim Endverbraucher (bzw. beim »Point of use«) schließlich ankommt. Im Fall von Erdöl ist der Energie-Input für die Raffinierung des Rohöls zu den verschiedenen Endprodukten (wie Benzin oder Diesel) und für den Transport dieser Produkte zu den Endverbrauchern (bzw. zu den Tankstellen) im Point of Use EROEI enthalten. Im Fall von Elektrizität ist der Aufwand für die Herstellung der gesamten Netzinfrastruktur (Übertragungs- und Verteilnetze inklusive Transformatoren, etc.) inkludiert. Wird der Point of Use EROEI für die volatile Stromerzeugung aus Windenergie oder Photovoltaik berechnet, dann lässt sich plausibel argumentieren, dass auch der zusätzliche Aufwand für die Stromspeicherung (Kurzzeit- und Langzeitspeicherung) und den zusätzlichen Netzausbau in den energetischen Inputs enthalten sein sollten.

Der Extended EROEI geht noch einen Schritt weiter. Während der Standard EROEI und der Point of Use EROEI nur die direkten Energie-Inputs enthalten, sind im Extended EROEI auch die indirekten Energie-Inputs enthalten. Für den Bau eines Kraftwerks, einer Photovoltaikanlage, einer Erdölförderanlage, einer Pipeline braucht es Maschinen und Infrastruktur, deren Herstellung ebenfalls Energie benötigt. Diese indirekten Energie-Inputs für die Herstellung der Maschinen und der Infrastruktur, die notwendig sind, damit Energieerzeugungs- und Energietransportanlagen errichtet werden können, werden im Extended EROEI zusätzlich zu den direkten Energie-Inputs miterfasst. Folgt man der Terminologie der Input-Output-Rechnung, wird durch die Berücksichtigung der indirekten Energie-Inputs nicht nur der Sektor betrachtet, in dem eine bestimmte Anlage produziert wird, sondern auch jene Sektoren, von denen dieser Sektor Inputs bekommt, die also diesem Sektor vorgelagert sind[14].

Die Einführung des Extended EROEI verfolgt den Anspruch, möglichst alle energetischen Inputs zu erfassen – direkt und indirekte –, die notwendig sind, damit Energie letztlich das tun kann, was sie tun soll: Einen gesellschaftlichen Nutzen zu stiften, in welcher Form auch immer (wobei sich natürlich die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit verschiedener Energiedienstleistungen immer auch hinterfragen lässt, beispielsweise im Bereich der individuellen Mobilität, aber im Grunde auch in allen anderen Bereichen). Ein offensichtlicher Nachteil des Extended EROEI besteht darin, dass dessen Berechnung deutlich komplexer ist (und somit auch Unsicherheiten in den Berechnungsergebnissen höher ausfallen dürften). Wenn es aber gelingt, ihn einigermaßen realitätsnah zu berechnen, dann kommt man im Ergebnis einer realistischeren Bestimmung der Nettoenergie deutlich näher – jener Energiemenge, die bleibt, wenn man alle (direkten und indirekten) Energie-Inputs vom Energie-Output abzieht, und die der Gesellschaft für alle möglichen Anwendungen außerhalb des Energiesektors übrigbleibt.


Wie hoch ist der minimale EROEI für das Aufrechterhalten einer komplexen Gesellschaft?

Es ist unmittelbar einleuchtend, dass eine Technologie zur Energieerzeugung einen EROEI von mindestens 1 erreichen muss, um in energetischer Hinsicht Sinn zu ergeben. Ansonsten würde ja mehr Energie in sie hineingesteckt, als am Ende herauskommt. Bei der Bestimmung des minimal notwendigen EROEI kommt es allerdings stark darauf an, welche Systemgrenze man wählt. Denn der Wert des EROEI sinkt, je weiter die Systemgrenze gewählt wurde: Mit einer erweiterten Systemgrenze werden mehr Energie-Inputs in die Betrachtung miteinbezogen, somit wird der Energie-Output durch einen höheren Wert dividiert, was zu einem niedrigeren (also energetisch ungünstigeren) EROEI führt.

Insbesondere Biofuels (auch als »Biotreibstoffe« bezeichnet), also synthetische Treibstoffe auf der Basis biogener Rohstoffe, wie Biodiesel oder Bioethanol, kamen aufgrund eines niedrigen EROEI ins Kreuzfeuer der Kritik. Sind diese in energetischer Hinsicht überhaupt sinnvoll? Charles Hall, Stephen Balogh and David Murphy gehen im Artikel »What is the Minimum EROI that a Sustainable Society Must Have?«[15] unter anderem der Frage nach, welchen minimalen EROEI flüssige Treibstoffe (entweder erdölbasierte Treibstoffe oder Ethanol auf der Basis von Mais) haben müssten, damit diese nach allen Umwandlungs- und Transportschritten unter Einbeziehung der indirekten Energieaufwände tatsächlich einen energetischen Überschuss, also gesellschaftlich nutzbare Nettoenergie liefern. Die Abschätzung von Hall et al. kommt zum Ergebnis, dass der Standard EROEI für flüssige Treibstoffe mindestens den Wert von 3 erreichen müsste, um der Gesellschaft Nettoenergie zur Verfügung zu stellen. Da Biotreibstoffe in der Regel einen deutlich niedrigeren Standard EROEI als 3 haben (oft werden Werte von nur knapp über 1 berechnet), ist davon auszugehen, dass diese in energetischer Hinsicht quasi »Schmarotzer« sind, also von anderen Energieträgern (mit höherem EROEI) »quersubventioniert« werden. Der niedrige EROEI von Biofuels ist ein wesentliches Argument, das neben der »Teller versus Tank«-Debatte, womit die Konkurrenz der Produktion von agrarischen Treibstoffen mit der Nahrungsmittelerzeugung gemeint ist, gegen Biofuels spricht.

Charles Hall und Kollegen versuchen sich in diesem Artikel auch an der Beantwortung der Frage, wie hoch der EROEI der wichtigsten Energieträger sein müsste, um »so etwas wie Zivilisation« (»anything like what we call civilization«) zu ermöglichen. Sie kommen zur Einschätzung, dass der Standard EROEI der wichtigsten Energieträger für die Aufrechterhaltung zivilisatorischer Standards bei mindestens 5 liegen müsste[16], wobei sie einräumen, dass dieser Einschätzung eine spekulative Komponente innewohnt, es sich also nur um einen »educated guess« (eine begründete Abschätzung) handelt. Sie äußern auch die Vermutung, dass jeder Energieträger, dessen EROEI unterhalb des gesellschaftlich durchschnittlichen EROEI liegt, durch jene Energieträger, deren EROEI höher ist beziehungsweise dem gesellschaftlichen Durchschnitt entspricht, in energetischer Hinsicht »quersubventioniert« wird[17].

Auch wenn wir nicht genau wissen (oder wissen können), wo dieser minimale EROEI liegt, der garantiert, dass eine Gesellschaft gut funktioniert, zivilisatorische Standards eingehalten werden können und eine (ausreichend) hohe Zahl von Energiedienstleistungen möglich ist, ist zumindest klar, dass dafür ein gewisses, ausreichend hohes Maß an Nettoenergie notwendig ist. Richard Heinberg beschreibt in »Searching for a Miracle. ›Net Energy‹ Limits and the Fate of Industrial Society« die Bedeutung eines hohen Nettoenergie-Anteils (und damit eines hohen EROEIs) für die ökonomische und soziale Entwicklung von Gesellschaften in einer historischen Perspektive folgendermaßen[18]:

»Wenn die erzeugte Nettoenergie einen großen Teil der insgesamt erzeugten Energie ausmacht (zum Beispiel bei einem Nettoenergieverhältnis [EROEI] von 100:1), bedeutet dies, dass der größte Teil der insgesamt produzierten Energie für andere Zwecke als die Energieerzeugung verwendet werden kann. Ein relativ kleiner Teil des gesellschaftlichen Aufwands muss der Energieerzeugung gewidmet werden, und der größte Teil der gesellschaftlichen Anstrengungen kann auf Aktivitäten gerichtet werden, die eine Reihe von spezialisierten Berufen unterstützen, die nicht mit der Energieerzeugung verbunden sind. An diese Situation haben wir uns gewöhnt, da wir ein Jahrhundert lang Zugang zu billigen, reichlich vorhandenen fossilen Brennstoffen hatten, die während des größten Teils des 20. Jahrhunderts eine relativ hohe Energieausbeute boten.

Wenn andererseits die erzeugte Nettoenergie nur einen kleinen Teil der insgesamt erzeugten Energie ausmacht (beispielsweise bei einem EROEI von 10 oder weniger), bedeutet dies, dass ein relativ großer Teil der verfügbaren Energie für die Energieerzeugung selbst eingesetzt werden muss und nur ein kleiner Teil der verfügbaren Energie der Gesellschaft für andere Ziele verwendet werden kann. […]

In der frühen Phase der fossilen Brennstoffe (Ende des 19. Jahrhunderts und während des größten Teils des 20. Jahrhunderts) wurden durch den Abbau und die Förderung dieser Brennstoffe noch nie dagewesene Mengen sowohl an Gesamtenergie als auch an Nettoenergie freigesetzt. Dieser plötzliche Überfluss an billiger Energie ermöglichte die Industrialisierung, Spezialisierung, Verstädterung und Globalisierung, die die letzten beiden Jahrhunderte dominiert haben. Damals genügte ein geringer Aufwand für Exploration, Bohrungen und Bergbau, um eine enorme Energierendite (EROEI) zu erzielen. Die Energiewirtschaft verfolgte bei der Erkundung und Förderung verständlicherweise die Strategie des ›best-first‹ oder der ›low hanging fruits‹ (›niedrig hängenden Früchte‹).

Das bedeutet, dass die hochwertigsten und am leichtesten zugänglichen Kohle-, Öl- und Gasvorkommen vorrangig erkundet und abgebaut wurden. Doch mit jedem Jahrzehnt, das verging, ging die Nettoenergie (im Vergleich zur Gesamtenergie), die aus der Gewinnung fossiler Brennstoffe gewonnen wurde, zurück, da die Energie-Unternehmen gezwungen waren, an ungünstigeren Orten nach Bodenschätzen zu suchen und auf minderwertigere Ressourcen zurückzugreifen. In den Anfängen der US-Ölindustrie war beispielsweise ein EROEI von 100:1 üblich, während man heute davon ausgeht, dass sich die Explorationsanstrengungen der Ölindustrie in den USA einem EROEI von 1:1 nähern.«

Richard Heinberg weist in diesem Zitat auf die historisch einmalige Situation hin, die mit der Nutzung fossiler Energieträger einsetzte. In vorindustriellen, agrarischen Gesellschaften war die Ausbeute an Nettoenergie relativ gering, was sich – wie von Heinberg auch beschrieben – in einem sehr hohen Anteil der Bevölkerung, der in der Landwirtschaft arbeitete, manifestierte. Erst der Einsatz von fossilen Energieträgern in großem Stil, die zu Beginn der »fossilen Ära« mit vergleichsweise geringem Aufwand zu gewinnen waren, ermöglichte die Industrialisierung und die fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen, die in etwa mit dem Beginn des 19. Jahrhunderts einsetzten, zunächst in den USA und Europa und schließlich weltweit. In den letzten Jahrzehnten gibt es aber die Tendenz eines fallenden EROEI, einer fallenden Nettoenergieausbeute. Einerseits, weil es immer aufwändiger wird, die verbleibenden Lagerstätten fossiler Rohstoffe auszubeuten, und andererseits, weil die alternativen Energieträger und Energietechnologien, die die fossilen Energien ersetzen sollen, einen tendenziell niedrigeren EROEI aufweisen (dazu unten noch mehr).

Abb. 1 zeigt eine Übersicht über den Standard EROEI verschiedener Energieträger und Energieerzeugungstechnologien. In dieser Art der Darstellung, von Charles Hall und seinem Team entwickelt[19], ist der EROEI einer Energiequelle über deren Verbrauch aufgetragen. Die meisten Werte beziehen sich auf die Situation in den USA im Jahr 2005, für Erdöl sind aber auch historische Werte erfasst (»domestic oil 1930«, »domestic oil 1970«, »imported oil 1970«). Je weiter rechts eine Energiequelle liegt, desto größer ist ihre Bedeutung im Energiesystem, je weiter oben sie liegt, desto höher ist ihr EROEI. Durch die elliptische Darstellung wird veranschaulicht, wie hoch der Unsicherheitsbereich bei der Abschätzung des EROEI ist. Kohle liegt beispielsweise bei einem EROEI zwischen 50 und 80, Erdgas zwischen 10 und 20 oder Wasserkraft (»hydro«) zwischen 20 und 40. Für alle in der USA im Jahr 2005 genutzten Energiequellen (»U.S. All sources«) lag der geschätzte EROEI zwischen 25 und 45.

 


Abb. 1: Standard EROEI verschiedener Energieträger und Energietechnologien (USA 2005), siehe dazu auch die ausführliche Beschreibung im Text. Quelle: Heinberg (2009), S. 28, basierend auf Hall (2008).


Der Rückgang des EROEI im Lauf der Zeit für Erdöl, das in den USA gefördert wurde, ist klar erkennbar. Während dieser 1930 noch bei rund 100 lag (»domestic oil 1930«), fiel er 1970 auf 30 und lag 2005 im Mittel bei knapp über 10. Auch für importiertes Erdöl fiel der EROEI, von etwa 30 im Jahr 1970 auf 20 im Jahr 2005. Am ganz linken Rand dieser Abbildung befinden sich die schmalen Ellipsen für Windenergie und Photovoltaik. Im Jahr 2005 standen diese Energieerzeugungstechnologien erst am Anfang des Ausbaus, mittlerweile haben diese deutlich an Bedeutung gewonnen und sind nach rechts gerückt, haben in etwa mit der Wasserkraft aufgeschlossen. Der (Standard) EROEI für Windenergie liegt gemäß dieser Darstellung zwischen 15 und 25, für Photovoltaik zwischen 5 und 10 (zur Bandbreite des EROEI für Photovoltaik und Windkraft folgt unten noch eine ausführlichere Diskussion). In der linken unteren Ecke befindet sich eine flache Ellipse, beschriftet mit »biofuels, tar sands« (Bio-/Agrotreibstoffe, Ölsande). Mit einem EROEI von knapp über 1 sind Biotreibstoffe und Ölsande weit abgeschlagen die Schlusslichter im EROEI-Ranking.

Der schattierte Streifen im unteren Bereich stellt den geschätzten Mindest-EROEI dar, der erforderlich ist, um eine moderne Industriegesellschaft aufrechtzuerhalten (»minimum EROEI required«). Richard Heinberg vermutet, dass dieser Wert bei etwa 10 liegen könnte (bezogen auf den Standard EROEI). Wenn man von diesem Wert von 10 für den Mindest-EROEI ausgeht, dann würde Photovoltaik unter dieser Schwelle liegen, Biotreibstoffe und Ölsande sogar weit darunter. Die Kernenergie mit einem EROEI von 10 im Mittel ist in dieser Darstellung genau an dieser Grenze lokalisiert.

Der EROEI-Wert von 10 ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert: Erstens, weil dieser im Bereich des Mindest-EROEIs für eine moderne Industriegesellschaft liegen könnte, zweitens, weil es unterhalb dieses Werts mit der Nettoenergieausbeute rasch bergab geht. Dieser rasche Abfall des Nettoenergieanteils unter einem Wert von 10 wird sehr anschaulich in der Darstellung der sogenannten »Net Energy Cliff« (»Nettoenergie-Klippe«), welche Abb. 2 zeigt.

 


Abb. 2: Die »Nettoenergie-Klippe« (»Net Energy Cliff«), Nettoenergie-Anteil in Abhängigkeit des EROEI (die prozentualen Anteile sind auf den Energie-Output bezogen), Hellgrauer Bereich oben: Energie, die benötigt wird, um Energie bereitzustellen; dunkelgrauer Bereich unten: für Gesellschaft nutzbare Nettoenergie. Quelle: Lambert et al. (2014), S. 154


In dieser Darstellung ist der Anteil der Nettoenergie in Abhängigkeit des EROEI aufgetragen, wobei der EROEI von links nach rechts abnimmt. Die hellere Fläche oberhalb dieser Kurve zeigt den Anteil des Energie-Inputs bei einem bestimmten EROEI, die dunkle Fläche unterhalb der Kurve den Anteil der Nettoenergie, der bei einem bestimmten EROEI resultiert, wobei die prozentualen Werte immer auf den Energie-Output bezogen sind. Bei einem EROEI von 50 beispielsweise (in der Abbildung ganz links) beträgt der Energie-Input 2 Prozent und der Nettoenergieanteil 98 Prozent, bezogen auf den Energie-Output. Bei einem EROEI von 10 wächst der Energie-Input auf 10 %, während die Nettoenergieausbeute auf 90 % absinkt. Bei einem EROEI von 4 ist der Energie-Input bereits auf 25 % angewachsen, der Nettoenergieanteil auf 75 % geschrumpft, während bei einem EROEI von 1 der Anteil der Nettoenergie auf Null kollabiert ist.

Von links nach rechts gesehen verläuft diese Kurve zunächst sehr flach, ab einem Wert von 10 allerdings nähern wir uns der »Nettoenergie-Klippe«, von da an geht es steil nach unten, bis die Kurve bei einem EROEI von 1 schließlich den Wert Null für den Nettoenergieanteil erreicht. Sinkt der EROEI beispielsweise von 50 auf 20, klingt das zwar nach einem starken Abfall, die Auswirkungen auf den Energie-Input und den Nettoenergieanteil sind aber noch gering – der (zum Energie-Output relative) Anteil des Energie-Inputs steigt dann von 2 auf 5 %, der Nettoenergieanteil sinkt von 98 auf 95 %. Sinkt der EROEI aber von 10 auf 2, verfünffacht sich der Energie-Input von 10 auf 50 % und der Nettoenergieanteil sinkt von 90 auf 50 %. Der rasche Abfall der Kurve unterhalb einem EROEI von 10 wird im symbolischen Begriff der »Nettoenergie-Klippe« ausgedrückt.

In der obigen Abbildung sind auch Bandbreiten der EROEI-Werte für einige Energiequellen bzw. -technologien eingezeichnet (z.B. »Historic Oil and Gas Fields«, »Photovoltaic Energy« etc.). An den relativ hohen Werten lässt sich erkennen, dass es sich dabei um den Standard EROEI handelt. Würde es stattdessen der Final EROEI oder der Extended EROEI sein, würde die Abbildung im Prinzip gleichbleiben, aber die eingezeichneten Bereiche für die einzelnen Energiequellen bzw. -technologien würden sich nach rechts (in Richtung niedrigerer EROEI-Werte) verschieben. Beziehungsweise bedeutet die Verwendung des Standard EROEI, dass ein Teil des Nettoenergieanteils eigentlich noch im Energiebereitstellungssystem verschwindet, also gar keine »echte« Nettoenergie ist. Das bedeutet, dass (bei Verwendung des Standard EROEI, wie in obiger Abbildung) der »wahre« Nettoenergieanteil, also jener Anteil der Nettoenergie, der tatsächlich für gesellschaftlich nutzbringende Anwendungen außerhalb des Energiebereitstellungssystems zur Verfügung steht, entsprechend geringer ausfällt.



[1] Raugei et al. (2017). Ein insgesamt 22-köpfiges Team (3 Wissenschaftlerinnen, 19 Wissenschaftler) bildet die Autorenschaft dieses Artikels. Die Autoren sind insgesamt 23 verschiedenen Institutionen zugeordnet (drei Autoren sind zwei Institutionen zugeordnet).

[2] Ferroni/Hopkirk (2016)

[3] Ferroni et al. (2017)

[4] Moriarty/Honnery (2020)

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Erntefaktor (abgerufen am 4.3.2025)

[6] In sprachlicher Hinsicht lehnt sich der Begriff des EROEI an jenen des ROI (»Return on Investment«, also die Kapitalrendite) aus der Betriebswirtschaft an.

[7] Die Beschreibung dieses Fallbeispiels ist ebenfalls aus Moriarty/Honnery (2020) entnommen.

[8] https://de.wikipedia.org/wiki/Erntefaktor#Energetische_Amortisationszeit (abgerufen am 5.3.2025)

[9] Aber auch bei der Bestimmung des Energie-Outputs kann es zu nicht unerheblichen Unterschieden kommen, beispielsweise hinsichtlich der verwendeten Annahmen für die durchschnittliche Lebensdauer oder die durchschnittliche Volllaststundenzahl einer Anlage.

[10] De Castro/Capellán-Pérez (2020), Capellán-Pérez et al. (2019). De Castro und Capellán-Pérez wie auch andere Autoren (wie Charles Hall oder David Murphy) verwenden statt EROEI die Bezeichnung EROI. Entsprechend findet man in ihren Publikationen auch die Bezeichnungen Standard EROI, Point of Use EROI, etc. In diesem Kapitel wird aber einheitlich immer die Bezeichnung EROEI verwendet, womit auch die Originalbezeichnungen von de Castro und Capellán-Pérez entsprechend angepasst sind.

[11] Murphy et al. (2011), Hall et al. (2014)

[12] Wenn im Folgenden der Begriff »EROEI« ohne nähere Spezifikation erwähnt wird, ist damit der Standard EROEI gemeint.

[13] De Castro/Capellán-Pérez (2020)

[14] Diese Definition des Extended EROEI basiert auf De Castro/Capellán-Pérez (2020). De Castro und Capellán-Pérez rechnen auch »energy required for exploration, investment, communication, labor«, also Energie für die Auffindung von Produktionsstandorten und Lagerstätten, für Investitionen, Kommunikation und Arbeitskräfte den indirekten Energie-Inputs zu, wobei die Frage ist, inwieweit diese Inputs nicht bereits teilweise in den direkten Energie-Inputs enthalten sind. Dies ist unter dem methodischen Anspruch, Doppelzählungen zu vermeiden, relevant, worauf etwa Raugei et al. (2017) hinweisen.

[15] Hall et al. (2009)

[16] ebd., S. 45

[17] ebd.

[18] Heinberg (2009), S. 24f., Übersetzung und Hervorhebung durch den Autor

[19] Hall (2008). Die verwendete Darstellung hier stammt aus Heinberg (2009) und ist im Vergleich zur Originaldarstellung von Charles Hall etwas modifiziert. Eine Quadrillion Btu (British thermal Unit) entspricht 293 TWh; http://www.aweo.org/windunits.html, abgerufen am 8.7.2025

Donnerstag, 25. Dezember 2025

Die Energiewende im Reality-Check - Viele unbequeme Wahrheiten

Ernst Schriefl

Es handelt sich bei diesem Text um ein Kapitel aus dem abschließenden Teil meines Buchs "Raus aus Kohle, Öl und Gas - aber wie? Die Dilemmata der Energiewende". Dieses Kapitel fasst die wesentlichen Inhalte des zentralen Teils des Buchs, welches verschiedene Dilemmata der Energiewende ausführlich erläutert, noch einmal auf kompakte Weise zusammen und diskutiert auch kurz noch weitere Dilemmata.

Das Buch ist im Dezember 2025 im Büchner Verlag erschienen. Hier der Link zur Vorstellung des Buchs auf der Homepage des Büchner Verlags: https://www.buechner-verlag.de/buch/raus-aus-kohle-oel-und-gas-aber-wie


»An Inconvenient Truth« (»Eine unbequeme Wahrheit«), so lautet der Titel eines sehr bekannt gewordenen Dokumentarfilms aus dem Jahr 2006. Im Kern dieses Films steht eine filmisch ausgeschmückte Präsentation von Al Gore (»The Slide Show«), in der er verschiedene Fakten und seine Sicht zum Klimawandel darstellt, um die Öffentlichkeit aufzuklären, aufzurütteln und zum Handeln angesichts der Bedrohungen des Klimawandels zu animieren[1].

Der Film thematisiert eine Wahrheit, die tatsächlich unbequem ist: Der Klimawandel ist da, hat bereits jetzt schlimme Konsequenzen, und die zukünftigen Auswirkungen einer fortschreitenden Erderwärmung werden vermutlich schlimmer, als sich viele das vorstellen können oder wollen. Aber die Existenz einer durch menschliches Handeln verursachten globalen Erwärmung und das bedrohliche Damoklesschwert einer zukünftigen »Klimakatastrophe« sind bei weitem nicht die einzigen unbequemen Wahrheiten, mit denen wir uns konfrontiert sehen. Der Umstand, dass wir keine wirklich gute und leicht umsetzbare Antwort auf die Bewältigung der Klimakrise haben, ist eine mindestens ebenso unbequeme Wahrheit. Die Energiewende in ihrer konventionellen Konzeption als die Antwort auf die Klimakrise geht mit zu vielen Dilemmata einher und weist zu viele Schwachpunkte auf. Das habe ich – zumindest für einige der wichtigsten Dilemmata – versucht, in diesem Buch herauszuarbeiten.

Fassen wir die wichtigsten Eckpunkte, die in den vorigen Abschnitten diskutiert wurden, an dieser Stelle noch einmal zusammen[2].


Findet eine Energiewende überhaupt statt?

Trotz eines bisher durchaus beachtlichen, rasch voranschreitenden globalen Wachstums der erneuerbaren Energien – insbesondere der Photovoltaik- und Windenergiekapazitäten – ist bislang der weltweite Verbrauch an fossilen Energien noch nicht zurückgegangen, sind die globalen Kohlendioxidemissionen noch nicht gesunken. Die Fortschritte im Ausbau der Erneuerbaren wurden durch das generelle Wachstum des Energieverbrauchs quasi »aufgefressen«[3]. Das scheinbar paradoxe Phänomen einer gleichzeitig stattfindenden Zunahme von erneuerbarer und fossiler Energienutzung zeigt sich besonders deutlich bei den aufstrebenden asiatischen Ökonomien, insbesondere bei China und Indien.

Eine starke Abhängigkeit der erneuerbaren Energien von den fossilen Energien ist in zumindest zweifacher Hinsicht gegeben: Erstens aufgrund der hohen Backup-Kapazitäten (zumeist aus fossil betriebenen Kraftwerken bestehend), welche für Zeiten vorgehalten werden, wenn zu wenig Ertrag aus Sonnen- und Windenergie kommt. Zweitens resultiert für den Ausbau der Erneuerbaren selbst ein erheblicher Energiebedarf, welcher überwiegend aus fossilen Energien gedeckt wird. Je schneller dieser Ausbau erfolgt, desto mehr Energie und Rohstoffe müssen zunächst in den Aufbau der Produktionskapazitäten (Fabriken) und in die Produktion der Technologien selbst gesteckt werden.

Aufgrund der hohen Abhängigkeit des Ausbaus der erneuerbaren Kapazitäten von fossilen Energien – die wohl noch längere Zeit so bleiben wird – und der hohen »extraktiven Kosten« für die Gewinnung der notwendigen Rohstoffe für die Energiewende-Technologien, stellen einzelne Autoren und Forscher den Begriff »erneuerbare Energien« grundsätzlich in Frage beziehungsweise lehnen diesen ab. Wie beispielsweise Alexander Dunlap, Research Fellow am Institute for Global Sustainability der Boston University, der sich dafür ausspricht, statt des Begriffs »erneuerbare Energien« den Begriff »Fossil fuel+«-Technologien zu verwenden[4]:

»Die Dichotomie von guter und schlechter Energie – schlechte fossile Brennstoffe versus gute erneuerbare Energien – […] ist irreführend, wenn nicht sogar völlig falsch. Dieses Kapitel argumentiert, dass es so etwas wie erneuerbare Energien, wie wir den Begriff normalerweise verwenden, in Wirklichkeit nicht gibt. Die Infrastrukturen für erneuerbare Energien beruhen selbst auf fossilen Brennstoffen oder sind bestenfalls »Fossil Fuel+«-Technologien. »Fossil fuel+ technologies« ist der passendere Begriff für erneuerbare Energien.«


Speicherbedarf und Versorgungssicherheit

Die Kapazitäten der Stromspeicherung müssten in einem Energiesystem, das zu einhundert Prozent auf erneuerbaren Energien beruht, in enormen Maß steigen[5]. Das gilt insbesondere für die saisonale Speicherung bzw. Langzeitstromspeicherung, die notwendig ist, um längere Dunkelflauten zu überbrücken.

Wenn man den gesamten Speicherbedarf (für Kurz- und Langzeitspeicherung) betrachtet, ergeben Abschätzungen, dass für Deutschland eine Erhöhung der Speicherkapazität um etwa den Faktor 1000 (!) notwendig wäre. Während einige Länder (wie Österreich oder die Schweiz) aufgrund der Existenz von Pumpspeichern in dieser Hinsicht etwas besser aufgestellt sind, dürfte für viele andere Länder und Weltregionen ein ähnlicher Ausbaubedarf der Speicherkapazitäten wie in Deutschland gelten (unter der Zielsetzung, ein Energiesystem, das zu einhundert Prozent auf erneuerbaren Energien beruht, aufzubauen).

Die Rückverstromung von Wasserstoff in wasserstofffähigen Gaskraftwerken gilt zurzeit als die aussichtsreichste Technologie, um saisonale Energiedefizite in großem Maßstab auszugleichen. Dafür müssten zuerst riesige Mengen an Wasserstoff durch Elektrolyse erzeugt, zwischengespeichert und schließlich bei Bedarf rückverstromt werden. Für die Speicherung derart großer Mengen an Wasserstoff kommen nach jetzigem Kenntnisstand eigentlich nur große unterirdische Kavernenspeicher, eventuell auch unterirdische Porenspeicher in Frage.

Ob es gelingen kann, derart hohe Elektrolyse- und Speicherkapazitäten – insbesondere für die saisonale Speicherung – in der kurzen Zeit von zwei (bis maximal drei) Jahrzehnten aufzubauen, ist höchst fraglich. Für die Umrüstung und Neuerrichtung von wasserstofftauglichen Kavernenspeichern sind lange Zeiträume und hohe Investitionskosten zu bedenken. Bei Porenspeichern ist noch weiterer Forschungsbedarf erforderlich, um deren Eignung für die Wasserstoffspeicherung bewerten zu können.

Um die Menge an Wasserstoff durch Elektrolyse herzustellen, die nach aktuellen Abschätzungen notwendig wäre, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu garantieren, müsste mehr als das Doppelte der derzeit in Österreich insgesamt verbrauchten Strommenge aufgewendet werden. Und die Rückverstromung ist nur einer der zukünftig geplanten Einsatzbereiche von Wasserstoff.

Bereits jetzt, wo die Ausbauziele für die Erneuerbaren (Photovoltaik und Windenergie) noch lange nicht erreicht sind, wird (neben der Problematik des Umgangs mit Defiziten in der Stromerzeugung) auch die Thematik des Umgangs mit temporären Stromüberschüssen immer bedeutender und brisanter. Das hat nicht zuletzt der Sommer 2024 gezeigt, wo das Schlagwort vom »Solarinfarkt« in medialen Überschriften kursierte. Bei einem Erreichen der Ausbauziele für 2035 könnten Photovoltaikanlagen in Deutschland während der Mittagsspitze mehr als dreimal (!) so viel Strom produzieren als zu diesem Zeitpunkt für den Verbrauch benötigt würde. Das sind riesige Überschüsse, die erst irgendwie »weggebracht« werden müssen beziehungsweise im besten Fall möglichst sinnvoll genutzt werden sollten. Voraussichtlich werden auch sehr hohe Strommengen abgeregelt werden müssen.

Das antizipierte Stromsystem der Zukunft, das zu einhundert Prozent auf erneuerbaren Energien basieren und noch eine Reihe von zusätzlichen Aufgaben aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung übernehmen soll, wird deutlich komplexer. Ob dies in der Praxis alles so funktionieren wird, wie man das in Modellrechnungen und Computersimulationen abbilden kann, darf bezweifelt werden. Was zurzeit beobachtbar ist, ist ein Hineinstolpern in diesen angestrebten Wunschzustand des perfekten Zusammenspiels der verschiedenen Flexibilitätsoptionen. Aufgrund der steigenden Komplexität wird das Stromsystem auch verletzlicher und angreifbarer.

Im Zweifelsfall dürfte die Versorgungssicherheit allerdings einen höheren Stellenwert als der Klimaschutz und der damit verbundene möglichst rasche Abbau fossiler Kraftwerkskapazitäten haben. Sollte es trotz dieser Prioritätenreihung dennoch zu einem Blackout kommen und würde dieser mit der Energiewende ursächlich in Zusammenhang gebracht werden können, wäre der Imageschaden für diese selbstredend massiv.


Wasserstoffwirtschaft – Grüner Wasserstoff

»Grüner Wasserstoff« gilt als einer der Hoffnungsträger der Energiewende[6]. Eine wesentliche Frage ist jene der Skalierbarkeit, also wie groß eine Wasserstoffwirtschaft werden könnte. Denn selbst wenn Wasserstoff »nur« in jenen Bereichen angewendet würde, wo dessen Einsatz in weitgehender Übereinstimmung verschiedener Studien und Strategiepapiere als sinnvoll erachtet wird – für die saisonale Speicherung, für die Industrie und für andere Bereiche, die schwer elektrifizierbar sind, wäre die Dimension einer zukünftigen Wasserstoffwirtschaft gewaltig. Es gibt aber verschiedene wesentliche Problempunkte einer Wasserstoffwirtschaft, die deren Umsetz- und Skalierbarkeit deutlich begrenzen dürften:

+       Eine Wasserstoffwirtschaft geht mit sehr hohen Umwandlungsverlusten einher. Diese entstehen in der gesamten Wasserstoff-Prozesskette, von Erzeugung über Speicherung, Transport bis schließlich zur Anwendung.

+       Im Gegensatz zu fossilen Energieträgern, die bereits in gespeicherter Form vorliegen, muss Wasserstoff erst aufwändig (zwischen-)gespeichert werden. Auch dieser Schritt geht mit entsprechenden Kosten und Infrastrukturaufwand einher und verschlechtert die Energie- und Ökobilanz von Wasserstoff.

+       Wird (grüner) Wasserstoff in großem Stil erzeugt, verursacht das einen entsprechend hohen Wasserbedarf für die Wasserelektrolyse. Insbesondere in Regionen, die bereits jetzt von Trockenheit geplagt sind, erhöht dies den Wasserstress.

+       In einer umfassenden Lebenszyklus-Betrachtung hat Wasserstoff eine fragwürdige bis schlechte Öko- bzw. Klimabilanz. Das gilt selbst für den Hoffnungsträger grünen Wasserstoff, für die anderen Wasserstofferzeugungsarten (blauer Wasserstoff, türkiser Wasserstoff etc.) umso mehr. Bei genauerem Hinsehen ist also der grüne Wasserstoff gar nicht so grün.

+       Insbesondere für die Dekarbonisierung der Industrie (aber auch für die saisonale Stromspeicherung, siehe oben) ergäbe sich ein riesiger Wasserstoffbedarf, wenn die Industrie ihr derzeitiges Produktionsvolumen beibehielte. Die schiere Größe einer eventuellen, zukünftigen Wasserstoffwirtschaft und der dafür benötigte Ausbaubedarf an erneuerbarer Stromerzeugungskapazität sind durchaus schwindelerregend.

+       Auch die Rohstoffverfügbarkeit dürfte in einer hochskalierten Wasserstoffwirtschaft kritisch werden. Beispielsweise ergäbe sich eine sehr hohe Nachfrage nach Platingruppen-Metallen bei einer entsprechenden Hochskalierung von PEM-Elektrolyseuren.

+       Weitere kritische Aspekte einer Wasserstoffwirtschaft betreffen die Sicherheitsthematik beim Umgang mit Wasserstoff, raschere Materialermüdung durch die Einwirkung von Wasserstoff, eine eventuelle Anreichung von Wasserdampf in der Atmosphäre und die damit verbundene Klimawirksamkeit, oder ein möglicher unwirtschaftlicher Betrieb von Elektrolyseuren, die bevorzugt mit Überschussstrom betrieben werden sollen.


Energieimporte

Großzügig bemessene Energieimporte spielen eine gewichtige Rolle in vielen Energiewendeszenarien und -strategien (bezogen auf Deutschland, sowie auch auf Europa generell)[7]. Die Idee, Strom über Hochspannungs-Gleichstromleitungen transkontinental zu transportieren (Desertec-Konzept), wurde zwar deutlich zurückgestuft, der großräumige Transport von Wasserstoff und dessen Derivaten über Pipelines oder Schiffe steht aber nach wie vor als Zukunftsperspektive hoch im Kurs.

In den möglichen Exportländern liegt allerdings für den – bei weitem – größten Teil der geplanten Wasserstoffprojekte noch keine Investitionsentscheidung vor. Die meisten der angedachten Exportländer, insbesondere Länder aus der MENA-Region, haben noch sehr geringe Anteile an erneuerbarer Erzeugung in ihrem Elektrizitätsmix. Für solche Länder ist daher die Forderung naheliegend, dass sie zuerst ihre eigene Energieversorgung auf erneuerbare Energien umstellen sollten, bevor sie große Photovoltaikplantagen und Windenergiefarmen errichten, die Wasserstoff oder Derivate von Wasserstoff für den Export produzieren.

Die meisten der anvisierten Exportländer sind auch von hohem bis sehr hohem Wasserstress betroffen. Neben einer Erhöhung des Wasserstresses (durch die Produktion von Wasserstoff) kann es zu weiteren negativen Folgen für die lokalen Ökosysteme in den Exportländern kommen. Aufgrund des großen Flächenbedarfs für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in großem Stil sind Landnutzungskonflikte möglich und wahrscheinlich.

Sollen aus Wasserstoff E-Fuels produziert werden, muss auch eine ausreichende Quelle für Kohlendioxid erschlossen werden. Biomasse ist in den meisten der potenziellen Exportländer selten, Anlagen mit »Direct Air Capture« sind bisher kaum vorgesehen. Zusammen mit den sehr hohen Kosten aufgrund großer Umwandlungsverluste und einer generell aufwändigen Herstellung sind E-Fuels sehr kritisch in Frage zu stellen.

Für Wasserstoff existiert zurzeit noch keine Transportinfrastruktur in größerem Maßstab. Das gilt für den regionalen und erst recht für den internationalen bzw. transkontinentalen Transport. Die beiden grundsätzlich möglichen Transportoptionen sind Pipelines oder Schiffstransporte, wobei bei letzterer Option der Wasserstoff verflüssigt oder in Ammoniak umgewandelt werden müsste, was wiederum mit entsprechendem Energieaufwand und Kosten einhergeht. Hohe Transportkosten für Wasserstoff können den Vorteil geringerer Produktionskosten in den potenziellen Exportländern wieder aufwiegen oder sogar ins Gegenteil verkehren. Die zurzeit verfügbaren Schiffskapazitäten für den Transport von flüssigem Wasserstoff sind noch sehr gering.

Es sei also vor zu optimistischen Erwartungen gewarnt, was zukünftige Importvolumina von Wasserstoff (und dessen Derivaten) nach Europa betrifft. Das gilt ganz sicher für die unmittelbare Zukunft (bis 2030/35), aber die grundsätzlichen Fragezeichen einer erfolgreichen Umsetzung gelten auch für die folgenden Jahrzehnte.


Rolle der Kernenergie

Die Bedeutung der Kernenergie ist in einer globalen Sicht seit Jahrzehnten rückläufig[8]. Der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung, bezogen auf die gesamte Welt, erreichte 1996 ein Maximum mit 17,5 Prozent, ist seitdem stetig im Sinken begriffen und lag 2023 gerade noch bei 9,2 Prozent. Seit einem Vierteljahrhundert stagniert die gesamte Stromerzeugung aus allen weltweit betriebenen Kernreaktoren bei etwa 2.500 bis 2.600 Terawattstunden (TWh), mit leichten Auf- und Abbewegungen.

Grob lassen sich hinsichtlich der Bautätigkeit von Kernreaktoren drei Phasen unterscheiden: Aufstieg (von 1951 bis 1979), Abstieg (von 1980 bis 2004), Konsolidierung und Stagnation (von 2005 bis 2024). Ab 2005 setzte, nach mehr als 20 Jahren eines Rückgangs der Bautätigkeit, wieder ein leichter Aufwärtstrend ein, getragen allerdings fast ausschließlich durch die Entwicklung in China.

Die wenigen Kernkraft-Projekte, die in den ursprünglichen »Kernländern« der Kernenergienutzung (USA, Frankreich, Großbritannien, Finnland) in den letzten Jahrzehnten tatsächlich in Angriff genommen wurden, waren (und sind) von massiven Bauzeit- und Kostenüberschreitungen gekennzeichnet, was das Image der Kernenergie als teure und schwer skalierbare Technologie verfestigte. Allerdings sticht auch in dieser Hinsicht wieder China mit einer gegenläufigen Entwicklung geringerer Bauzeiten heraus.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen und der Trends der letzten Jahrzehnte scheint eine echte Trendwende, eine »Renaissance« der Kernenergie nicht in Sicht. Das eher bescheidene Ziel, zunächst einmal den Abwärtstrend der Kernenergie (im Sinne eines sinkenden Anteils an der weltweiten Stromerzeugung) zu stoppen, dürfte bereits eine nicht zu unterschätzende Herausforderung werden. Auch neuartige Reaktorkonzepte, wie insbesondere die »Small Modular Reactors«, in die einige große Hoffnungen setzen, dürften aller Voraussicht nach nicht die großen Game Changer werden, ihr Beitrag zur Stromerzeugung und einer eventuellen Reduktion von CO2-Emissionen dürfte bescheiden bleiben.

Selbst wenn man die vielfältigen schwierigen Themen rund um die Kernenergie (Endlagerung, aufwändiger Rückbau, fragwürdige Wirtschaftlichkeit, Proliferations- und Störfallrisiken, in einer weiteren Perspektive auch die Verfügbarkeit von günstigem Uran) einmal ausblendet – alleine der Blick auf die Skalierbarkeit reicht aus, um deren zukünftige Bedeutung zu relativieren. Die Kernenergie wird zwar nicht verschwinden, in einigen Ländern wird sie auch hinkünftig einen relevanten Beitrag zur Stromerzeugung leisten, zu große Erwartungen hinsichtlich ihrer zukünftigen Bedeutung sollte man aber auch nicht hegen.


Die Nettoenergiebilanz der Erneuerbaren

In der Nettoenergieanalyse ist der sogenannte EROEI (Energy Return on Energy Invested) eine Schlüsselgröße[9]. Obwohl die Relevanz der Nettoenergieperspektive unmittelbar einleuchtet, wird sie in den wesentlichen Modellen und Studien, die zur Politikberatung verwendet werden, zumeist vernachlässigt.

In der wissenschaftlichen Fachliteratur ist der EROEI Gegenstand einer fallweise durchaus heftig geführten Kontroverse. Der Wahl der Systemgrenzen kommt bei der Interpretation der Ergebnisse eine besondere Bedeutung zu. Während die meisten Studien enge Systemgrenzen wählen und somit »nur« den sogenannten Standard EROEI berechnen, ist der Extended EROEI mit weiteren Systemgrenzen der relevantere Indikator, wenn es darum geht, den Anteil der Nettoenergie, der einer Gesellschaft für alle Arten von nutzbringenden Anwendungen außerhalb des Energiesektors übrigbleibt, zu bestimmen.

Der Extended EROEI für Photovoltaik und Windenergie, den beiden »Hoffnungsträger-Technologien« der Energiewende, dürfte vermutlich relativ gering sein (zwischen 1 und 3). Hinzu kommt, dass sich während der Phase eines beschleunigten Ausbaus der erneuerbaren Energien die statischen Werte für den EROEI noch weiter verringern, sodass sich über eine längere Phase ein kumuliertes Nettoenergie-Defizit aufbauen kann – die sogenannte »Energiefalle«. Über einen relativ langen Zeitraum muss so mehr Energie investiert werden, als bezogen werden kann.

Der Antwort auf die Frage, wie hoch der minimale EROEI für das Funktionieren einer komplexen Gesellschaft und das Aufrechterhalten zivilisatorischer Standards sein sollte, wohnt eine zugegebenermaßen spekulative Komponente inne. Es deutet allerdings vieles darauf hin, dass es in dieser Hinsicht eng werden könnte, wenn das Energiesystem weitgehend auf erneuerbare Energien umgestellt wird. Insbesondere das Narrativ des »Grünen Wachstums« (»Green Growth«), das implizit oder explizit den meisten Energiewende-Szenarien zugrundeliegt, wird auch durch Nettoenergie-Betrachtungen schwer in Frage gestellt.


Der »Hunger« nach Metallen für die Energiewende

Der Energiesektor, dessen Bedarf nach Metallen bislang eher gering war, wird durch den geplanten raschen Ausbau der Energiewende-Technologien zu einem der großen Treiber für die Nachfrage nach einigen Schlüsselmetallen[10]. Gemäß einem umfangreichen Bericht der Internationalen Energieagentur steigt in einem Szenario, das die Ziele des Pariser Klimaabkommens (von 2015) erfüllt, der Anteil der Energiewende-Technologien an der Gesamtnachfrage nach verschiedenen Metallen in den nächsten zwei Jahrzehnten deutlich: auf über 40 % für Kupfer und Seltene Erden, auf 60 bis 70 % für Nickel und Kobalt und auf fast 90 % für Lithium. Im Vergleich zur 2020 benötigten Menge für die Energiewende-Technologien steigt gemäß diesem Szenario die Nachfrage nach Lithium um den Faktor 42, für Kobalt um den Faktor 21, für Nickel um den Faktor 19 und für Seltene Erden um den Faktor 7.

Die zurzeit existierenden und geplanten Bergbaukapazitäten reichen bei weitem nicht aus, um diesen rasch wachsenden Bedarf befriedigen zu können. Bereits in naher Zukunft könnte sich eine erhebliche Schere zwischen dem Bedarf, der durch die Erreichung bestimmter Ausbauziele gegeben ist, und dem tatsächlichen Angebot an verschiedenen wichtigen Metallen für die Energiewende (zum Beispiel Kupfer, Lithium oder Kobalt) ergeben. Eine Erhöhung der Bergbaukapazitäten stößt an Grenzen, wofür es mehrere schwerwiegende Gründe gibt: lange Projektentwicklungszeiten, sich verringernde Qualität der Erze, höhere Umwelt- und Sozialstandards für den Bergbau und Erschwernisse, die sich aufgrund der fortschreitenden Klimaerwärmung ergeben (hoher Wasserstress bzw. -mangel).

Der Großteil der wichtigsten mineralischen Rohstoffe für die Energiewende stammt aus wenigen Ländern und Weltregionen. Insbesondere hinsichtlich der Verarbeitung der wichtigsten mineralischen Rohstoffe (bzw. Metalle) für die Energiewende hat sich China in den letzten Jahrzehnten einen Status als Beinahe-Monopolist erarbeitet, was China auch entsprechende politische Druckmittel in die Hand gibt.

Die Summe der Umweltbelastungen und sozialen Verwerfungen, die aufgrund des Bergbaus resultieren, ist enorm. Aber nicht nur der Rohstoffabbau für Energiewende-Technologien, auch die Gewinnung der fossilen Energierohstoffe (inkl. Uranbergbau) gehen in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern mit massiven Umweltproblemen, schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und sozialen Konflikten einher.

Höhere Umwelt- und Sozialstandards führen zu höheren Kosten des Bergbaus und wären nur mit verbindlichen internationalen Regulierungen und Überprüfungen flächendeckend umsetzbar. Zudem gibt es inhärente Grenzen einer Verbesserung der Umwelt- und Energiebilanz des Bergbaus aufgrund des sich stetig verringernden Erzgehalts der Gesteine. Spürbare Verknappungen bei verschiedenen Schlüsselmetallen werden den Preisdruck auf verschiedene Energiewende-Technologien erhöhen. Ob eine deutliche Dematerialisierung der Energiewende-Technologien als auch eine ausreichende Ausweitung der Förderung kritischer Rohstoffe möglich sind, um bestimmte politisch definierte Ausbauziele zu erreichen, bleibt höchst fraglich.


Fortsetzung folgt – Was an »unbequemen Wahrheiten« noch dazukommt

Über diese unbequemen Wahrheiten hinaus gibt es weitere kritische Problembereiche, die – wie auch bereits in der Einleitung erwähnt – durchaus ebenso Beachtung verdient hätten:

+       Die umstrittene und begrenzte Rolle der Biomasse: Die energetische Nutzung biogener Rohstoffe (oft als »Biomasse« bezeichnet) wird zurzeit deutlich kritischer gesehen als noch vor etwa 20 Jahren, als ein Biotreibstoffhype durch die europäischen Lande schwappte, welcher allerdings bereits damals eine intensive Diskussion auslöste[11]. Biotreibstoffe wurden mittlerweile als »Agrotreibstoffe« terminologisch und in ihrer Bedeutung zurückgestuft.

Aber auch die energetische Nutzung von Holz ist mittlerweile durchaus heftig umstritten. Beispielsweise wurde am 11. Februar 2021 ein von über 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterzeichneter Appell an die Präsidenten der USA, der EU, Japans und Südkoreas gerichtet, in welchem eindringlich die energetische Nutzung von Holz kritisiert wurde und die angesprochenen Regierungen dazu aufgefordert wurden, Förderungen für die energetische Nutzung von Holz einzustellen[12]. Auch der WWF und andere Umweltverbände schlagen in eine ähnliche Kerbe. Ein Kernargument gegen die energetische Nutzung von Holz ist, dass der Kohlenstoffspeicher Wald möglichst als Kohlenstoffsenke erhalten bleiben soll[13]. Als ein Resultat dieser Diskussion hat das deutsche Umweltbundesamt die bisher gering bewerteten CO2-Emissionen durch die Verbrennung von Holz deutlich angepasst, indem es die direkten CO2-Emissionen aus der Holzverbrennung in die Bewertung inkludiert hat[14]. Die energetische Nutzung von Biomasse wird in der Regel nur mehr dann als unproblematisch gesehen, wenn es sich um die Nutzung von Reststoffen handelt.

+       Naturschutz versus Klimaschutz: Mehr Windräder, mehr Freiflächen-Photovoltaikanlagen, mehr Pumpspeicherkraftwerke – all das sind auch Eingriffe in »die Natur«, beziehungsweise häufig in eine mehr oder weniger natürliche Kulturlandschaft. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der deutlich sichtbare Umbau der Kulturlandschaften sowie die Beeinträchtigung weitgehend naturbelassener Lebensräume im Zuge der Energiewende auch Naturschützerinnen und Naturschützer mit der Forderung auf den Plan gerufen hat, dass die Energiewende naturverträglich sein müsse. Doch dieser Naturverträglichkeit sind Grenzen gesetzt.

Es gibt zahlreiche Überschneidungen von bereits vorhandenen und zukünftig geplanten Anlagen für die Nutzung erneuerbarer Energien (Wind- und Solarparks, Wasserkraftwerke) mit wichtigen Naturschutzgebieten, die potenziell die Ziele der Erhaltung der biologischen Vielfalt gefährden. Dies hat eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit aus 2020 gezeigt, welche die weltweite Situation in dieser Hinsicht analysiert hat[15]. Eine strategische Planung, die Grenzen für die Entwicklung von erneuerbaren Energieanlagen innerhalb wichtiger Schutzgebiete setzt, ist daher eine Kernforderung dieser Analyse.

+       Die gesellschaftliche Akzeptanz: Der teilweise erbittert geführte Widerstand von Bürgerinitiativen gegen den Bau von Windenergieanlagen weist deutlich auf ein weiteres Konfliktfeld hin. Hier gibt es Querbezüge zur Naturschutzthematik, auch wenn diese beim Bürgerprotest nicht unbedingt im Vordergrund stehen muss. Auch wenn es nur eine »laute Minderheit« sein sollte, die hier – insbesondere gegen Windenergieanlagen – ins Feld zieht, so ist diese doch durchaus wirkmächtig.

+       Langzeitperspektive, Rezyklierbarkeit und Kreislaufwirtschaft: Selbst wenn der Aufbau einer riesigen, auf erneuerbaren Energien beruhenden neuen Infrastruktur in relativ kurzer Zeit gelänge – diese muss schließlich (wie alles andere auch) laufend erneuert werden. Und diese laufende Erneuerung braucht wiederum Ressourcen. Hier ist die Frage – und diese Frage stellt sich letztlich für alle wirtschaftlichen Aktivitäten – inwieweit Rohstoffe, die für diese laufende Erneuerung und Wartung benötigt werden, rezyklierbar sind, also im Sinne einer Kreislaufwirtschaft im Kreis geführt werden können. Die bisherige Umsetzung der Energiewende ist noch stark »extraktivistisch« geprägt, beruht also in erheblichem Ausmaß auf nicht rezyklierten, neu gewonnenen Rohstoffen[16]. Recycling steckt im Zusammenhang mit den Schlüsseltechnologien der Energiewende in vieler Hinsicht noch in den Kinderschuhen. Beispielsweise werden ausgediente Photovoltaikmodule häufig einfach weggeworfen beziehungsweise deren wertvolle Inhaltsstoffe nur teilweise rezykliert[17].

+       Kosten, Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit: Die Schlüsseltechnologien Photovoltaik und Windenergie sollen bereits die billigsten Möglichkeiten zur Stromerzeugung geworden sein – diese Aussage steht im Raum. Wenn dem so ist, warum setzen sich diese Technologien dann nicht quasi »von alleine« durch (und sind häufig nach wie vor von der jeweiligen Förderpolitik abhängig, wenn auch in abnehmendem Ausmaß) und warum sind gerade in jenen Ländern mit dem höchsten Ausbaugrad an erneuerbaren Stromerzeugungstechnologien, wie Deutschland oder Dänemark, die Strompreise am höchsten?

Bei einer ehrlichen Kostenbilanzierung müssten auch die Kosten für die Backup-Systeme (sei es jetzt ein Backup aus fossil betriebenen oder – wie zukünftig angestrebt – wasserstofffähigen Kraftwerken oder auf der Basis von Batterie- und anderen Speichern) und der erforderliche Netzausbau miteinbezogen werden. Eine schlechte Wirtschaftlichkeit – welcher technologischen Option auch immer – kann auch ein Hinweis auf deren schlechte energetische Bilanz sein, was bedeutet, dass diese also vergleichsweise wenig Nettoenergie liefert.

+       Der Faktor Zeit und andere knappe Ressourcen: Ist ein »Durchpeitschen« der Energiewende (etwa im Sinne einer »Energierevolution« à la Volker und Cornelia Quaschning[18] oder auch gängiger politischer Zielvorstellungen) in der relativ kurzen Zeit von wenigen (etwa zwei weiteren) Jahrzehnten überhaupt möglich – selbst bei einem hohen Ausmaß an politischem Willen und gesellschaftlicher Akzeptanz? Je schneller etwas umgesetzt werden soll, desto mehr sind Verknappungen in verschiedener Hinsicht zu erwarten[19], die sich auch jetzt bereits zeigen: Etwa Verknappungen bei gut ausgebildeten Fachkräften, die eine enorme Zahl an neuen Anlagen planen, errichten, in Betrieb nehmen und warten sollen. Wenn ein Nachfrage-Hype einsetzt, mit dem das Angebot nicht mithalten kann, führt das auch zu erheblichen Preissteigerungen und langen Wartezeiten, wie das auch in der Inflationskrise von 2022/2023 beobachtet werden konnte. Preissteigerungen, lange Wartezeiten in der Produktion und ein Mangel an Fachkräften wirken naheliegenderweise bremsend.

+       Carbon Leakage und das »Grüne Paradoxon«: Was bringt eine Energiewende, wenn sie nur einseitig in einigen Ländern beziehungsweise einem Teil der Welt betrieben wird? Letztlich zählen ja die globalen Emissionen, die deutlich und schnell reduziert werden müssten. Wenn es in einzelnen Weltregionen tatsächlich gelingen sollte, den Verbrauch fossiler Energieträger infolge einer ökologisch orientierten Politik nennenswert zu reduzieren, könnte es dennoch sein, dass diese Reduktion durch einen Mehrverbrauch in anderen Weltregionen (über-)kompensiert wird. Hans-Werner Sinn nennt diesen Effekt das »Grüne Paradoxon«, es kann auch als eine Form des weiter gefassten »Carbon Leakage« aufgefasst werden[20].

+       Energiewende, Kapitalismus und Deindustrialisierung: Es gibt starke Indizien dafür, dass eine hoch industrialisierte, hoch mobile, arbeitsteilige und vernetzte Gesellschaft mit einem Energiesystem, das vorwiegend oder zur Gänze auf erneuerbaren Energiequellen beruht, nicht (oder nur unzureichend) kompatibel ist. Wenn dem so ist, ist nicht nur mittel- und langfristig die Perspektive weiteren wirtschaftlichen Wachstums in Frage gestellt, zumindest die entwickelten Industriegesellschaften müssten im Grunde wirtschaftlich »schrumpfen«[21]. Dies rüttelt an den Grundfesten unseres Wirtschaftssystems, das – wenn man ihm eher gewogen ist – als liberale Marktwirtschaft, von Kritikerinnen und Kritikern aber gerne auch als Kapitalismus bezeichnet wird. Ulrike Herrmann hat diese Thematik in ihrem Buch »Das Ende des Kapitalismus« aufgegriffen[22], sie ist aber bei weitem nicht die erste, die in eine derartige Richtung argumentiert[23]. Eine »echte Energiewende« ist somit – konsequent weitergedacht – auch ein Deindustrialisierungsprogramm. Nicht nur für Deutschland und Europa, sondern im Grunde für (fast) die ganze Welt. Eine weitere unbequeme Wahrheit, die vielen nicht schmecken wird[24].

In Summe gibt es also viele – allzu viele – unbequeme Wahrheiten und bedeutsame Dilemmata, die es höchst fragwürdig erscheinen lassen, dass sich eine Energiewende in der erhofften, erwünschten oder geplanten Form tatsächlich umsetzen lassen könnte, insbesondere dann, wenn sie nicht nur regional begrenzt ist, sondern eine globale Dimension erreichen soll[25] (und auch, wenn man die Geschwindigkeit bedenkt, mit der sie vonstatten gehen soll). Das sollte aus dem bisher Geschriebenen klar geworden sein.

An dieser Stelle ist mir aber auch wichtig festzuhalten, dass das genaue Herausarbeiten der Schwachstellen und Dilemmata der Energiewende kein willkommener Anlass für Häme und Polemik sein soll (indem etwa einzelnen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, Parteien oder Interessensgruppen die Schuld an der Misere zugeschoben wird, uns auf das »Energiewende-Narrenschiff« verfrachtet zu haben[26]). Wer eine wirklich bessere Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit hat, möge vortreten.

Denn die von verschiedenen Kritikerinnen und Kritikern am gängigen Kurs der Energiewende klar bevorzugte Alternative der Kernenergie weist auch deutliche Beschränkungen auf (wie im Kapitel »Die Kontroversen um die Kernenergie« umfassend dargestellt wurde). Die Kritik am vorzeitigen Abschalten noch gut funktionsfähiger Kernkraftwerke, wie das in Deutschland mit dem Kernenergieausstieg umgesetzt wurde, mag zwar durchaus ihre Berechtigung haben. Eine echte großmaßstäbliche Alternative wäre die Kernenergie aber nur dann, wenn nicht nur die Laufzeiten bestehender Kraftwerke verlängert würden, sondern auch ein massives Neubauprogramm für Kernreaktoren verfolgt würde. Ein solches Programm ist nicht einmal in den großen Kernenergie-Ländern, die sich weiterhin klar zur Nutzung der Kernenergie bekennen (wie den USA oder Frankreich) in Sicht. In Deutschland wäre ein derartiges Programm – selbst wenn die Laufzeitverlängerungen gelungen wären und bestehende Kernkraftwerke noch 10 oder 20 Jahre hätten weiterlaufen können – vermutlich von massivem Widerstand begleitet und somit höchst unwahrscheinlich in der Umsetzung.

Bei aller Kritik an der Energiewende sei also auch zur Bescheidenheit gemahnt. Denn die großen »Game Changer« außerhalb des Spektrums an Optionen, das normalerweise von Energiewende-Szenarien beschrieben wird, sind nicht in Sicht (siehe dazu auch das abschließende Kapitel »Einige Gedanken zum Abschluss«). Auch müssen wir über den Tellerrand einer – insbesondere in Deutschland – hitzig geführten Debatte blicken, die suggeriert, dass sich Deutschland in seiner Vorreiterrolle im Zusammenhang mit der Energiewende besonders ungeschickt anstelle und von allen anderen Ländern übervorteilt und abgehängt würde. Es geht aber um viel mehr als die Entwicklungen in Deutschland. Letztlich wirken die Dilemmata im Zusammenhang mit der Energiewende im globalen Maßstab, sie betreffen die gesamte Menschheit. Und es gibt zwar einige Ansatzpunkte für mögliche Antworten auf die Herausforderungen der Klimakrise beziehungsweise der allgemeineren ökologischen Krise, die aber auch vielen nicht besonders schmecken werden[27].



[1] https://en.wikipedia.org/wiki/An_Inconvenient_Truth#Synopsis (abgerufen am 4.5.2025)

[2] Da die in diesem Abschnitt zusammengefassten Eckpunkte und wesentlichen Erkenntnisse bereits in den vorigen Teilen (hauptsächlich in Teil 3, fallweise auch in Teil 1 und Teil 2) ausführlicher besprochen wurden, sind hier in der Regel keine Verweise auf Quellen angeführt – diese befinden sich in den jeweiligen Kapiteln.

[3] Der relative Anteil der Erneuerbaren (insbesondere an der Stromerzeugung) ist zwar in der Vergangenheit gestiegen, dieser relative Anstieg konnte aber nicht verhindern, dass gleichzeitig der absolute Einsatz von fossilen Energieträgern trotzdem auch gestiegen ist, siehe dazu auch das Kapitel »Energiewende – wo stehen wir jetzt? – Eine globale Perspektive« am Ende von Teil 1.

[4] Dunlap (2021), S. 84; eigene Übersetzung

[5] Für Details, inklusive entsprechende Quellenverweise, siehe Kapitel »Keine Angst vor Dunkelflauten und Blackout? – Der enorme Speicherbedarf für die Energiewende« im Teil 3.

[6] Für Details siehe Kap. »Grüner Wasserstoff – der lang erwartete Problemlöser?«, Teil 3.

[7] Für Details siehe Kapitel »Der Traum vom ›Wüstenstrom‹ – Wie realistisch sind großräumige Energieimporte?«,Teil 3.

[8] Für Details siehe Kapitel »Die Kontroversen um die Kernenergie – Welche Rolle könnte sie in Zukunft spielen?«, Teil 3.

[9] Für Details siehe Kapitel »Wie viel Energie bleibt unterm Strich übrig – Die Nettoenergieperspektive«, Teil 3.

[10] Für Details siehe Kapitel »Materialschlachten– Reichen die Rohstoffe für die Energiewende?«, Teil 3.

[11] 2003 trat die als »EU-Biokraftstoffrichtlinie« bekannte Richtlinie 2003/30/EG in Kraft. Diese Richtlinie wurde 2009 durch die Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RL 2009/28/EG) aufgehoben. Seit 2009 wird bezüglich der Regelungen zu Biotreibstoffen auf EU-Ebene versucht, auf »Nachhaltigkeitsaspekte« mehr Wert zu legen.

[12] »Letter Regarding Use of Forests for Bioenergy«, https://plattform-wald-klima.de/wp-content/uploads/2021/02/Scientist-Letter-to-Biden-von-der-Leyen-Michel-Suga-Moon-Re.-Forest-Biomass-February-11-2021.pdf (abgerufen am 11.5.2025)

[13] »Wie Holzverbrennung den Klimawandel befeuert«, https://www.wwf.de/themen-projekte/waelder/wald-und-klima/wie-holzverbrennung-den-klimawandel-befeuert (abgerufen am 11.5.2025)

[14] https://www.umweltbundesamt.de/themen/berechnung-der-co2-emissionen-aus-dem-heizen-holz (abgerufen am 11.5.2025)

[15] Rehbein et al. (2020)

[16] Siehe dazu auch das Kapitel »Materialschlachten – Reichen die Rohstoffe für die Energiewende« (Teil 3).

[17] »Recycling wanted! Riesige Berge an Photovoltaik-Altmodulen«, https://www.recovery-worldwide.com/de/artikel/riesige-berge-an-photovoltaik-altmodulen-3994899.html (abgerufen am 11.5.2025)

[18] Quaschning/Quaschning (2022)

[19] Verknappungen im Bereich wichtiger Rohstoffe wurden bereits oben diskutiert.

[20] Sinn (2008a), Sinn (2008b), Schriefl (2021), S. 243–255

[21] Im Grunde gilt die Perspektive einer notwendigen wirtschaftlichen Schrumpfung mindestens auch für die aufstrebenden Schwellenländer, zumindest stellt sie deren weitere Wachstumsperspektive stark in Frage.

[22] Herrmann (2022)

[23] Siehe z.B. Kern (2019), Kern (2024), Sarkar (2001), Sarkar (2024), Trainer (2007), Heinberg (2011).

[24] Siehe dazu auch die Ausführungen im folgenden Kapitel »Geordneter Rückzug oder Kollaps«.

[25] Für eine ausführliche Beschreibung der gängigen Vorstellungen einer Energiewende siehe Teil 2 (»Die Perspektiven und Wunschbilder der Energiewende«). Neben den »Big 5«-Studien, die Deutschland im Fokus haben, gibt es auch eine ganze Reihe an Studien und Szenarien mit einer globalen Perspektive, die also ein ähnliches Programm für die ganze Welt ausrollen, siehe dazu für eine Übersicht Breyer et al. (2022).

[26] Siehe z.B. »Manfred Haferburg: Mit dem Energiewende-Narrenschiff mit voller Fahrt aufs Riff«, https://www.youtube.com/watch?v=QoOVwPN_P5A (abgerufen am 11.5.2025)

[27] Siehe dazu auch das folgende Kapitel »Geordneter Rückzug oder Kollaps«.

Wie viel Energie bleibt unterm Strich übrig? Grundlagen und Relevanz der Nettoenergieperspektive

Ernst Schriefl Dieser Beitrag ist der erste Teil des Kapitels "Wie viel Energie bleibt unterm Strich übrig - Die Nettoenergieperspektiv...